Österreich spricht - mit Überraschungseffekt
Wie man doch medial beeinflusst ist! Rechtsruck, Rechtspopulismus, Hatespeech, Ausländerfeindlichkeit, Nationalismus… Tag für Tag sind das die Themen in „meinen“ Medien. Was Wunder, dass, wenn es dann eine Aktion wie „Österreich spricht“ gibt und man sich bewusst mit Angaben für offene Grenzen und gegen alles Nationalistische positioniert hat, ich fest davon ausgegangen war, nun endlich einmal mit einem überzeugten Neu-Nazi, mindestens mit einem Rechtsaußen debattieren zu können.
Dann kam die Vorstellung vom „Standard“ – eine Dame also,
ok. Sie erwähnt im Hallo-Mail ihr Facebook-Profil, ich suche es und das erste,
das mir entgegenleuchtet, sind Bilder von meiner Gesprächspartnerin am
KPÖ-Wahlwerbestand. Soviel zu meinen Erwartungen.
Es ist wohl doch so, dass „am Land“ die Zahl der
Standard-Leser, die ein aktives Interesse an gesellschaftlichen Aktionen wie
„Österreich spricht“ hat, so überschaubar ist, dass die beiden unterschiedlich
angekreuzten Themen „Mütter vs Karriere“ und „Rauchverbot“, sowie die Tatsache
Mann, Frau ausreichen, um die konträrst mögliche Kombination abzugeben, die der
Algorithmus finden konnte. Auch eine Erkenntnis.
Eine Enttäuschung? Nicht wirklich. Zwar haben wir bei
unserem Treffen hauptsächlich gemeinsame Ansichten gefunden, selbst beim von
mir schon zuvor in die Hinterhand genommenen Thema „unbedingtes
Grundeinkommen“, von dem ich annehmen konnte, dass meine Gesprächspartnerin auf
Parteiline dafür sein müsste und ich aus tiefster Überzeugung dagegen war,
entsprang kein wirklicher Disput.
Gespärchspartner: Mehr gemeinsame denn konträre Meinungen. |
Zwar hatte sie dazu für mich ein paar interessante Beispiele
aus skandinavischen Pilotprojekten parat. Etwa, dass dort Handwerker von
aussterbenden, aber wertvollen Berufen ohne die permanente Existenzangst diese
nun weiter ausüben und sogar ausbilden könnten. Allerdings hatte auch sie keine
fertigen Antworten auf die Frage der Finanzierbarkeit und wir waren uns dann
rasch wieder einig, dass es immer ein gute Drittel der Bevölkerung geben würde,
die ein solches Modell zu Lasten der Allgemeinheit leidlich ausnutzen würden.
Vor allem aber hatten wir auch hier letztlich die
übereinstimmende Ansicht zum Grundproblem, nämlich, dass es aufgrund der
Digitalisierung und – ja, auch aufgrund der natürlichen und notwendigen
Migration - zunehmen nicht genug ordentlich bezahlte Arbeit für alle geben
wird, dass aus einem fleißigen LKW-Fahrer oder Lagerfacharbeiterin keine
Programmierer werden und dass daher neue Ideen und Modelle gefordert sind, um
Wohlstand und Beschäftigung neu und gerecht zu verteilen. Finale Antworten auf
diese drängenden Fragen hatten wir jedoch auch gemeinsam – noch – nicht.
Da das Gespräch aber sehr inspirierend war, wer weiß,
vielleicht fällt uns ja doch noch etwas dazu ein. Denn wir werden zumindest
über die Sozialen Medien in Kontakt bleiben und freuen und beide auf
„Österreich spricht“ 2019. Vielleicht sind ja dann noch ein paar mehr Medien
dabei, damit wir dann tatsächlich die „Echokammer“ verlassen und einmal so
richtig streiten, nein, diskutieren können.
Danke jedenfalls dem Standard für diese Vorreiterfunktion.
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