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Zwischenruf: Von Hasen und Igeln

Oder: warum Merkel und Westerwelle mal nach dem Weg fragen sollten

Seit einigen Wochen liefern sich die Merkel’sche Bundesregierung und die Bevölkerung Deutschlands eine Art Wettrennen, das an eine Geschichte aus Kindertagen erinnert. Wie einst der Hase versucht Angela Merkel – die drohende Finalschlappen im Superwahljahr vor Augen – zunehmend verzweifelt, die von ihr Regierten mit hektischem Hakenschlagen zu überholen, um Ihre Fahnen wieder in den vermeintlich richtigen Wind drehen und neuen Auftrieb bekommen zu können. Aber es scheint wie im Märchen, wohin sie mit ihrer Mannschaft auch hetzt, das Volk der Igel ist immer schon weiter. Oder noch schlimmer: gleich ganz woanders.


Im Fall Guttenberg schien die Sache noch ganz einfach zu sein. Der Mann war seit Monaten der bei Weitem beliebteste Politiker und hatte in seiner noch kurzen Karriere schon so viele Stürme vollkommen schadlos überstanden, was sollte da schief gehen, diesen aufgehenden Stern rückhaltlos zu unterstützen.

Aber verflixt, unversehens hatte sich wohl nun sogar die Leserschaft des Springer’schen Regierungsorgans die von Merkel gerade erst erfundene, duale Sicht auf die Welt abgeschaut und so wie die Kanzlerin zwischen Minister und wissenschaftlichem Assistenten unterscheiden wollte, beurteilte plötzlich die tagtägliche befragte Bevölkerung mit einem mal den Politiker ganz anders als den Betrüger. Ersterer blieb unangefochten weiterhin der beliebteste unter den Volkstribunen, aber Zweiteren wollte ebenso eine Mehrheit für seine Missetaten geradestehen sehen und empfand den Persilschein, den ihm seine Chefin ausstellen wollte, als ganz und gar unpassend.


Dann bebte die Erde, die Achse der Welt verschob sich und alles war anders. Natürlich. Und doch schon wieder so ganz anders, als sich Klopfer Angela das gedacht hatte. Mit der Wendefähigkeit, wie sie nur Hasen besitzen, änderte sie im vollen Galopp die Richtung und wandelte mit dem Signalton der Katastrophennachrichten von der Atom- zur Abschalt-Angie, bereit, den Applaus der Massen zu empfangen.


Doch schnell musste sie bitter erkennen, es war schon wieder passiert. Erneut erwiesen sich die Bürger des Landes vielschichtiger und weit komplizierter, als es ihre Landesmutter geahnt hätte. Wohl wünschten sich nunmehr neun von zehn, die man fragte, das eilige Ende der todbringenden Atomtechnologie: Jedoch beinahe genauso viele wollten so partout gar nicht glauben, dass diejenigen, die vor wenigen Monaten noch so vehement geradezu um jeden einzelnen Tag der längeren Laufzeiten gerungen hatten, nunmehr aus tiefster Überzeugung den ganzen Spuk im Hui verschwinden ließen – „per Staatsanordnung“. Unglaubwürdig, so das vernichtende Urteil der Igel.


Und nun also Libyen. Diesmal muss der Außenhase voraus und diesmal darf nichts mehr schiefgehen. Keine Experimente also. Die Deutschen wollen keinen Krieg, das weiß inzwischen jedes Kind und gerade die einstigen Irakbefürworter Merkel und Westerwelle haben nicht vergessen, dass ihre Vorgänger mit einem entschiedenen Njet dereinst bereits verloren geglaubte Wahlen gewonnen haben. Nun sollen also diese Geister auch nach dem Willen der Lehrlinge leben und zum Erfolg führen. Als einziges europäisches Land verweigert Deutschland der Flugverbotszone über dem malträtierten Land die Zustimmung.


Man ahnt es schon. Auch dies wird misslingen. Denn schon wieder sieht der Mann auf der Straße mehr, als die, von denen man denkt, dass sie weiter oben in der Loge den bessern Überblick hätten. Und natürlich macht es einen gehörigen Unterschied, ob im Irak ein Krieg mit Lügen angezettelt wird, ob in Afghanistan Soldaten für eine fremde, noch immer korrupte Regierung sterben, oder ob es gilt mit Düsenjägern einen Despoten davon abzuhalten, die eigene Bevölkerung zu massakrieren und durch schnelles Eingreifen, die tapferen Rebellen, die seit Wochen auf allen Kanälen als Helden und Brüder gefeiert werden, zu unterstützen.
Aber wer so verbissen dem Phantom des Mehrheitswillens hinterherhetzt, der kann so was schon leicht mal übersehen.

Das Ganze könnte aus der Distanz betrachtet nun beinahe lustig anmuten. Jedoch, aus der Nähe beginnt man zu erkennen, dass die taumelnde Regierung in ihrer Hast beginnt zunehmend gravierende Schleifspuren, ja Schäden zu hinterlassen.
Nicht genug, dass Deutschland einmal mehr – zum wievielten Mal eigentlich seit der schwarzgelben Koalition? – isoliert im Weltenrat da steht. Unversehens ist es nun nicht etwa jener bekennende Gaddafi-Fan, der noch vor wenigen Monaten dem lieben Gast aus dem Morgenland größte Aufmerksamkeit, Frauen und reichlich politische Geschenke machte, ist es also nicht Berlusconi, sondern die deutsche Entwicklungshilfeministerin, die auf den Titelseiten der Gazetten der Welt als Despotenfreundin verewigt wird. Kein schöner Anblick. Kein schönes Zeitzeugnis, schon gar nicht für Deutschland.

Und welche Langzeitauswirkungen es hat, wenn eine Regierungsmannschaft ungeniert vorexerziert, dass Gesetze – zumal sogar die eigenen – zu beachten, im Grunde kleinliche Spitzfindigkeit ist, das mag man sich noch gar nicht in aller Farbenpracht ausmalen.


Vielleicht wäre es wahrhaft an der Zeit für die Kurzstreckenläufer Merkel und Westerwelle, innezuhalten und wieder zu Atem zu kommen. Vielleicht sollten sie besser noch nun endlich einmal jemanden nach dem Weg fragen. Jemand, der weiß, wie der Hase läuft. Steinbrück und Steinmeier kämen einem da in den Sinn, denen es ja beachtenswerterweise schon mal gelungen ist, die kompasslose Regierungschefin vier Jahre lang auf Kurs zu halten.


Vielleicht aber haben ja doch die Igel bald einmal Mitleid und nehmen die Gehetzten und Getriebenen nach den anstehenden Wahlen ganz einfach aus dem Rennen.


Dann würde aus dieser Jagd noch ein ganz anderes Spiel: Bauer schlägt Läufer – Schachmatt.

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