Oder: warum Journalisten nicht besser sind als Politiker, es aber sein sollten
Gratulation der Jury des Henri-Nannen-Preises zu der mutigen und richtigen Entscheidung dem SPIEGEL-Redakteur René Pfister den diesjährigen Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage wieder abzuerkennen!
Eine Journalistenschaft, die ausdauernd und hartnäckig politische und ministeriale Plagiatssünder zu Fall bringt, muss es ertragen, dass für sie – zumal wenn es um Preiskrönungen geht – mindestens genauso hohe Ansprüche angelegt werden, wenn es um die Frage geht, aus wievielter Hand das Niedergeschriebene stammt. Interessant dabei ist zu beobachten, wie frappierend ähnlich sich die Argumentationen der Medienleute – andere hätten dasselbe auch schon getan (Spiegel) oder ein Politikerportrait sei keine Reportage (SZ) – und die der Politiker – Übersicht verloren (zu Guttenberg) oder keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt (Merkel) – dabei nicht nur in der Belanglosigkeit der Verteidigungsstrategien, sondern auch in der reflexartigen Kohortenbildung zur Abwehr der Vorwürfe sind.
Zudem ist es ohnehin höchste Zeit, dass der Journalistenzunft einmal von berufener Seite bei der grassierenden Unsitte der „szenischen Rekonstruktion“ ein wenig Einhalt geboten wird. Viel zu häufig werden vertrauliche Vieraugengespräche im Bundestag, Wortwechsel zwischen zwei Kollegen im Aufzug eines Brüsseler Verwaltungskomplexes oder hitzige Diskussionen hinter vermeintlich verschlossenen Türen Dax notierter Großkonzerne in einer Art wiedergegeben, die entweder auf umfassende Verwanzung der zitierten schließen lässt, oder darauf, dass die Reporter dem heiligen Geist gleich über der jeweiligen Szenerie schweben und unerkannt mitstenographieren können.
Für alle diese Fälle gilt: Imaginär ersonnene Begebenheiten, und seien sie noch so wahrscheinlich, sind etwas für die Belletristik, die literarische Biographie oder Theaterstücke. In einem journalistischen Text haben sie nicht das Geringste verloren. Zumal nicht, wenn sie ohne Quellenangabe oder eine Kennzeichnung, die sie als Dichtung ausweisen daherkommen.
Und allen tatsachenberichtenden Kollegen, die nun zweifellos, wiederum dem Reflex folgend, zur Keule der freien Meinungsäußerung und dem mit deren Verlust unweigerlich verbundenen Untergang des Abendlandes zu greifen gedenken, sei hier noch einmal an einem - frei nachempfundenen (!) - Beispiel der Unterschied verdeutlicht:
„Vermutlich noch am Donnerstag Abend hat Gabriel per SMS der Kanzlerin Gauck als möglichen gemeinsamen Kandidaten vorgeschlagen“, ist eine Meinung und als solche frei und unantastbar.
„’Wir schlagen Gauck vor. Sind Sie dabei?’, schreibt Gabriel am Donnerstag der Kanzlerin per SMS“, ist eine unbewiesene zudem und ohne Angabe der Quelle nicht nur antastbar, sondern eigentlich verwerflich. Jedenfalls auf gar keinen Fall preisverdächtig.
Gratulation der Jury des Henri-Nannen-Preises zu der mutigen und richtigen Entscheidung dem SPIEGEL-Redakteur René Pfister den diesjährigen Henri-Nannen-Preis für die beste Reportage wieder abzuerkennen!
Eine Journalistenschaft, die ausdauernd und hartnäckig politische und ministeriale Plagiatssünder zu Fall bringt, muss es ertragen, dass für sie – zumal wenn es um Preiskrönungen geht – mindestens genauso hohe Ansprüche angelegt werden, wenn es um die Frage geht, aus wievielter Hand das Niedergeschriebene stammt. Interessant dabei ist zu beobachten, wie frappierend ähnlich sich die Argumentationen der Medienleute – andere hätten dasselbe auch schon getan (Spiegel) oder ein Politikerportrait sei keine Reportage (SZ) – und die der Politiker – Übersicht verloren (zu Guttenberg) oder keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt (Merkel) – dabei nicht nur in der Belanglosigkeit der Verteidigungsstrategien, sondern auch in der reflexartigen Kohortenbildung zur Abwehr der Vorwürfe sind.
Zudem ist es ohnehin höchste Zeit, dass der Journalistenzunft einmal von berufener Seite bei der grassierenden Unsitte der „szenischen Rekonstruktion“ ein wenig Einhalt geboten wird. Viel zu häufig werden vertrauliche Vieraugengespräche im Bundestag, Wortwechsel zwischen zwei Kollegen im Aufzug eines Brüsseler Verwaltungskomplexes oder hitzige Diskussionen hinter vermeintlich verschlossenen Türen Dax notierter Großkonzerne in einer Art wiedergegeben, die entweder auf umfassende Verwanzung der zitierten schließen lässt, oder darauf, dass die Reporter dem heiligen Geist gleich über der jeweiligen Szenerie schweben und unerkannt mitstenographieren können.
Für alle diese Fälle gilt: Imaginär ersonnene Begebenheiten, und seien sie noch so wahrscheinlich, sind etwas für die Belletristik, die literarische Biographie oder Theaterstücke. In einem journalistischen Text haben sie nicht das Geringste verloren. Zumal nicht, wenn sie ohne Quellenangabe oder eine Kennzeichnung, die sie als Dichtung ausweisen daherkommen.
Und allen tatsachenberichtenden Kollegen, die nun zweifellos, wiederum dem Reflex folgend, zur Keule der freien Meinungsäußerung und dem mit deren Verlust unweigerlich verbundenen Untergang des Abendlandes zu greifen gedenken, sei hier noch einmal an einem - frei nachempfundenen (!) - Beispiel der Unterschied verdeutlicht:
„Vermutlich noch am Donnerstag Abend hat Gabriel per SMS der Kanzlerin Gauck als möglichen gemeinsamen Kandidaten vorgeschlagen“, ist eine Meinung und als solche frei und unantastbar.
„’Wir schlagen Gauck vor. Sind Sie dabei?’, schreibt Gabriel am Donnerstag der Kanzlerin per SMS“, ist eine unbewiesene zudem und ohne Angabe der Quelle nicht nur antastbar, sondern eigentlich verwerflich. Jedenfalls auf gar keinen Fall preisverdächtig.
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